1968 - Witthüser&Westrupp - Lieder von Vampiren, Nonnen,
Tote, Rolf Ulrich Kaiser, etc. |
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Der Beginn von etwas Neuem |
Ich
bin dahin und schlaf den Todesschlummer Mein
Haupt - geziert von einem grünen Kranze Da stehn sie nun, die Totengräber Was
tut ihr nun - mich überfällt ein Grauen Gehab
dich wohl, du holde Schöne Gleich
schlummere ich im Erdenschoß hier nieden Da
werde ich dich wiederfinden Dort
werde ich Dich wieder erkennen "Ich bin dahin" der W&W-LP "Lieder von
Vampiren, Nonnen und Toten
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. DER ANFANG VON W&W
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Bei Bernhard stellt
sich die Situation ähnlich dar: mit seinen sozialkritischen Songs - ihm wurde
mittlerweile das Etikett "der Protestsänger des Ruhrgebiets"
angeheftet - ist er auch nicht mehr so richtig glücklich ist ("ich spiel
vor Kumpels und hab noch nie im Leben richtig malocht: die lachen sich ja
kaputt über mich"). Daher hat er den Protestsänger-Staffelstab vor
einiger Zeit schon weitergegeben an den gebürtigen Essener Frank Baier,
einen alten Freund, Skiffler und Liedermacher:
"Hier hast Du mein Material: mach was draus" - das war genau Franks
Ding, er wurde "Pottpoet" und schaffte es
bis zur Mercator-Nadel!
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Bernd gräbt sich immer
tiefer in alte Literatur ein – und beginnt, Geschichten aufzuschreiben, die
er geträumt oder erlebt hat und auf seine Art & Weise interpretiert, Begegnungen
überzeichnet wiedergibt, seltsamste Gedanken festhält und sie in wahnwitzige
Stories verwandelt - poetisch, tiefgründig, humorvoll, bescheuert: posthum teilweise
veröffentlicht in dem Buch „Hat Hendrix gespielt“. Und natürlich musizieren
wir gemeinsam, und mit der Zeit erwächst aus diesem Zusammenspiel die Idee,
alte Bänkellieder, Vampirtexte, Trauer- und Totengedichte, Moritaten und
Lyrik aus alten Büchern, die wir in dieser Zeit lesen, zu vertonen: Heine,
Novalis, von Salis, Hölderlin, Böttiger, Paracelsus, Brösel & Co. Mit
Gitarre und Ukulele verpacken wir die ersten Texte in entsprechende
musikalische Gewänder, und es entsteht eine eigen- und einzigartige Mischung
aus klerikalem Protestgesang, klassischer Gitarrenmusik mit traurigen Einschüben
und filigranen Untermalungen.
Bernhards Gitarrenfertigkeiten kommen bei dieser Art von Musik eindrucksvoll
zur Geltung und bilden einen wunderbaren Teppich, auf dem ich meine Ukulele
sowie Trompeten- und Flötentöne zum Klingen bringen kann. Zusammen mit der
dominanten Stimme von Bernhard und untermalt von meinem klerikalen Organ
erzeugen wir auch gesangsmäßig eine einmalig eigentümliche Stimmung, die dem
Zuhörer genügend Raum für eigene Gedanken und Interpretationen lassen soll.
Ich baue nach und nach weitere Instrumente wie Triangel, dicke Zing, Xylophon, Windspiel, Psalter, Waschbrett, Trompete
und Posaune, Flöten, Mundharmonikas und was so alles in den Räumen herum
liegt und irgendwie Geräusche und Musik erzeugt, in unsere Kompositionen ein.
Oft meditieren wir nächtelang über einem Thema, lassen die Bandmaschine
mitlaufen und entscheiden später über die Instrumentierung.
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Ein Film
über die Anfänge von Witthüser &
Westrupp,
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Das Lied
von kleinen Revolutionär: Dem
Opa hacke ich das Holzbein an Der
Oma nehme ich die Brille weg Der
Schwester reiße ich die Puppe entzwei Text: Thomas Rother, Musik:
Bernd Witthüser Hier zu hören in einem
Live-Mitschnitt von 1970 irgendwo in Essen:
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Unser 1. öffentliches
Konzert geben wir im kleinen Saal des Essener Jugendzentrums als Bernd Witthüser Sing- und Spielgemeinschaft (SuSG) – bei Kerzenlicht, Rotwein und Weißbrot. Ganz in
schwarz gekleidet, spielen wir mit unserem Sammelsurium von mittlerweile ca.
20 Instrumenten gar gruselige Lieder auf dunkler Bühne. Unsere selbst für
heutige Verhältnisse einmalig zu nennende Light-Show, die wir uns aus Resten
in der JZ-Werkstatt zusammengebaut haben, besteht aus 2 Strahlern: rotes
Licht (Lampe links) bei Liebesliedern, grünes Licht (Lampe rechts) bei Grab-
und Vampirsongs und rot/grün (also volle Kanne) bei nicht einzuordnenden
Kompositionen, gesteuert von uns mittels Fußschaltern. Nachdem sich das
Publikum an die eigen- und einzigartige Atmosphäre gewöhnt hat und auf unsere
ironisch/satirischen Erläuterungen, die wir zu den einzelnen Liedern geben,
mit Zwischenrufen eingeht, ist der Bann gebrochen – es wird ein großer 1.
Erfolg, der uns zeigt, dass wir einen guten Weg gehen und unser musikalisches
Projekt Zukunft haben kann. |
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ROLF
ULRICH KAISER (RUK) Bernd
muss mich am nächsten Tag - nach unruhiger Nacht und einer ersten |
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. PLATTENVERTRAG & 1. LP
Als
wir endlich nach quälend langen und sich schleichend hinziehenden Wochen
(gefühlte Monate) die 1. Anpressung der LP in
Händen halten und vorsichtig auf den Plattenteller legen, den Tonarm
aufsetzen und die Lausprecher aufdrehen, höre ich plötzlich nur falsche Töne,
jeder noch so kleine Fehler fällt mir jetzt auf und lässt mich schaudern,
jeder zu späte Einsatz wird zum größten Ärgernis - eigentlich kann man jedes
einzelne Stück viel viel besser machen - ja man
müsste die ganze Platte auf den Müll werfen und ganz von vorn anfangen. Dass
unsere Bekannten und Freunde die Produktion "einfach nur toll"
finden, empfinde ich als Mitleid - doch jetzt ist eben nix mehr zu ändern. |
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. PRESSEKONFERENZ
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Witthüser & Westrupp |
Im August kommt dann auch unsere 1. Single auf
den Markt - mit „Wer schwimmt dort?“ (unserem Flipper-Smash-Hit) und der
wunderbaren Rückseite „Einst kommt die Nacht“ - die Essenz aus den
Todesanzeigen der Woche von unserer Pinnwand. |
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UNSERE
POSTER
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...und so setzen wir
uns flugs mit unserem bewährten Essener Haus- und
Hof-Grafiker/Fotografen-Team Volker Bargatzki /
Frithjof Hirdes zusammen und besprechen mit den
beiden einen möglichst originellen ausgefallenen einzigartigen unverwechsel- und wunderbaren Neuentwurf eines mindestens
DIN A0 großen Kunstwerkes - und verwirklichen diese Idee auf schnellstem
Wege. |
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Die Nachfrage ist so riesig, dass die
Druckerei kaum mit der Vervielfältigung und wir mit dem Verschicken
nachkommen. Wenn z.B. der ASTA der Uni Münster für einen Auftritt von uns im
dortigen Auditorium Maximum 100 Poster ordert, dann liegt spätestens nach 1
Woche die Nachbestellung auf dem Tisch. Grund: die Lieferung ist zwar
angekommen und ausgehängt, aber mittlerweile von Fans oder Kunstliebhabern
wieder abgehängt und geklaut worden. Die Poster werden zu einem begehrten
Sammlerobjekt, was sich natürlich in der Szene herumspricht und bei manchen
Zeitgenossen dann leider auch unseriöse (damit vermeide ich ein schlimmeres
Wort) Energien weckt. Pedro Meurer, Kampfgefährte zu der damaligen Zeit und
bis dato eigentlich als Freund zu bezeichnen, schließt sich in einer Nacht-
und Nebelaktion mit Poster-Shop Ecki zusammen, der sich ebenso in unserem
Dunstkreis bewegt. Die beiden lassen die Poster nachdrucken – ohne unser
Wissen und ohne Genehmigung der Grafiker (also der geistigen und auch
praktischen Urheber) und vertreiben Sie in ganz Europa und verdienen sich
eine güldene Nase: diese Nasenbären. Diese Schweinepriester! Wenn sie uns
wenigstens beteiligt hätten... |
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KONZERTE
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...dann nach Wien zu
ORF-Fernsehaufnahmen, Radiotermine beim WDR, SWF und Deutscher Welle (da
hörte mich sogar meine Schwester in Uruguay), Open-Air Festival in Frankfurt,
Pop-Festival Bremen, 14 Tage München, 1 Woche Köln, Drei- Wochen Gastspiel in
Berlin bei den Wühlmäusen, spielen zum Advent auf bei der von den "Nörgelbuffs" veranstalteten Feier in der Stadthalle
Göttingen (wo die ganze Halle unseren Smash-Hit "Flipper"
mitsingt), sind zu Gast im Mainzer Unterhaus, dem deutschen Kabarett-Tempel,
dazu immer wieder Pressetermine mit dem Stern, mit POP (Musik-Zeitung) und
diversen Tageszeitungen, Promotion-Tour für die LP etc.: nun brechen wir das
Musikstudium ab (ist sowieso nur graue Theorie) und auch unsere
Nebenjobs bleiben auf der Strecke (abhängige Arbeit war sowieso nicht unser
Ding): wir können erstmals von unseren Gagen (über)leben. |
Doch von nix kommt
bekanntlich nix, wie wir bei uns zu Hause zu sagen pflegen: wir spielen –
wenn wir zwischendurch Pause haben und zu Hause sind - auch weiterhin nächtelang zusammen Melodien
durch, improvisieren über bestimmten Harmoniefolgen, nehmen alles auf Tonband
auf und erarbeiten uns (und das ist wirklich ARBEIT - aber schöner,
effektiver und befriedigender als die vorgenannte "abhängige", weil
jetzt nur noch für uns selbst) einen neuen Fundus an Musik. Wir testen einen
weiteren Musiker mit Künstlernamen Paul Bussard, der uns aber mit
seiner Laute keinen wirklich neuen Impulse geben kann: wir bleiben dann doch
lieber musikalisch allein zu zweit... |
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