Witthüser & Westrupp
- 68er nach Noten - RUK, das Sternenmädchen
Was
noch gesagt werden sollte
In
stiller Nacht geht ganz allein
ein Teppichhändler durch eines Waldes Hain
er betritt eine Lichtung und hebt das Gesicht
und sieht seltsame Sterne in gleißendem Licht.
Auf der Wiese sieht er eine Blume steh´n
glitzernd und herrlich an zu sehn
und er fasst diese Blume und bricht sie sacht
da öffnet sich ihm einer Höhle Schacht.
Er
tritt in einen hellen, weiten Raum
mag nicht glauben, was seine Augen schau´n
voller Silber, Gold und Edelsteinen
sieht er drei Grotten vor sich erscheinen.
Und er sieht sein Leben in Reichtum und Macht
ist geblendet von des Geschmeides Pracht
seine Zukunft erschein ihm gesichert und klar
ein neues Leben beginnt; das alte war!
Und
wie er so steht und seinen Traum genießt
bemerkt er, wie sich das Tor langsam schließt;
da greift er, was er nur fassen kann
und springt heraus -
hinter ihm schließt sich die Höhle
mit dunklem Klang.
Er betrachtet den Reichtum in seiner Hand,
doch der zerfällt - und wird zu Sand
und er bemerkt, dass er das Schönste vergaß:
die Blume - den Schlüssel, den er besaß.
"Die
Schlüsselblume"
von der Witthüser & Westrupp-LP "Bauer Plath"
Jahre
haben wir W&W´s zusammen unser Ding durchgezogen: wir haben
zusammen
studiert, gesoffen, gestaunt, musiziert, komponiert, meditiert, geraucht,
geschluckt, gelacht, gestritten, gelitten und unendlich viel Spaß gehabt
und bereitet. Wir sind gefahren, abgefahren, geflippt und geflippt worden,
haben erfunden und gefunden, haben uns treiben lassen, sind gegen den
Strom geschwommen, haben uns nie verloren und viele Freunde gewonnen -
wir haben gelebt und erlebt: wir
haben „Musik“ gemacht.
Wir
durften mit internationalen und nationalen Künstlern die Bühnen teilen
- das vermittelte uns ein gutes Gefühl, war Bestätigung unseres
"Schaffens" und zeugte von einer gewissen Wertschätzung
unserer Musik und deren Texte in einem Business, dass kompromisslos und
knallhart sein kann, weil es dort letztendlich um die dicke Kohle geht -
wovon wir aber nicht viel mitbekommen haben (?!).
Wir
haben dafür Einblicke in eine andere verborgene Wirklichkeit genommen auf unseren
"Reisen", wir blickten unter die Oberfläche, hörten in uns hinein,
durchlebten Himmel und Hölle, beschäftigten uns mit vielen seltsamen Dingen und geheimnisvollen Berichten,
durchlebten inspirierende Begegnungen mit uns selbst und verarbeiteten
bewusstseinserweiternde Erlebnisse in Gesprächen mit anderen „Reisenden“, die von ähnlichen tiefgreifenden Erfahrungen
berichteten. Vieles davon haben wir in unsere Texte gepackt: für die Wissenden
Bestätigung, für den Rest einfach schöne Lieder.
Im
Nachhinein wird mir überdeutlich klar, dass wir einige unserer Texte und solche
Musik nicht in einer lauten und rastlosen Großstadt hätten schreiben und spielen
können - vor allem die letzte "Märchen und
Geschichten"-Produktion. Wenn ich
auf der „Lorelei" saß,dann
war ich real in der Welt, die wir in unseren Liedern besangen: zauberhaft,
märchenhaft, abseits aller Hektik, über aller Oberflächlichkeit und
Belanglosigkeit. Durch die Konzentration auf "unser Ding" war
diese Performance, diese Symbiose von fast religiösen Texten und märchenhafter
Musik überhaupt möglich geworden: Mönche der Musik.
<
Dennoch
und trotz alledem: bei unseren gelegentlichen Abstechern in unsere "alte" Welt
(vor allem nach Essen) stellen
wir fest, dass der Abstand zu den alltäglichen Dingen und vor allem zu unseren alten
Freunden allmählich immer größer wird. Unsere Plattenfirma,
unsere Produzenten, unsere Berater - sie alle wollen uns natürlich
abkapseln und auf Kurs halten. Unser spezifischer Mikro-Kosmos mit all seinen existenziellen Erfahrungen,
den außergewöhnlichen Begegnungen mit Musikern und Künstlern, mit
abenteuerlichen Reisen und tollen Konzerten ist ja auch mehr als erfüllend.
Doch verdammt: ewig lockt das Weib, lockt das Leben, das Flippen, das
bekannte Alte, das Gewohnte und Vertraute. Der Vogel, der im Käfig sitzt – und
sei dieser noch so schön eingerichtet - möchte raus: möchte frei
fliegen können.
Wir sind – trotz allem - Großstadtkinder geblieben mit unseren Wurzel
eben dort: bei unseren alten Freunden, unseren Kneipen, Kinos, Kultur, MÄDELS,
Neon, Geschäften: bei dem pulsierenden Leben. Sollen wir das alles total
vergessen, aufgeben und hinter uns lassen – der Abstand dorthin wurde immer größer,
und schlussendlich hätten wir uns irgendwann nur
noch mit ein paar wenigen „Weisen“ unterhalten können. Da wir
glücklicherweise nie ein Gelübde der Weltabgekehrtheit abgelegt, keine ewige Askese
geschworen haben, können wir diese unsere gemeinsame Reise in eine andere
Wirklichkeit selbstbestimmt
und unbeschadet zum richtigen Zeitpunkt auch beenden.
afür,
dass RUK uns für sein Ohr-Projekt auserwählt hat, gebührt ihm eigentlich ein eigenes
Kapitel – schließlich hat
er viel für unseren musikalischen Werdegang getan. Er unterstützt uns
- wohl auch nicht ganz uneigennützig - bei
(fast) allen unseren ersten Gehversuchen auf größeren Bühnen mit Rat
und Tat, gibt uns Tips und verschafft uns dank seiner
Kontakte richtig gute Gigs. Er lenkt uns unbemerkt – auch in
Richtungen, die wir so wohl alleine nicht eingeschlagen hätten.
Er spricht mit uns Themen durch, bei denen er Potential für uns und
unsere Musik sieht, er
spielt uns
entsprechende Bücher und Texte zu und bringt uns mit Menschen zusammen,
die schon dort sind, wo er uns hin haben will. Er bestärkt uns
bei vielen unseren Vorhaben, vor allem, wenn sie ihm auch nutzen – z.B.
bei unserer Idee, aufs Land zu ziehen. Er schaltet Anzeigen, fährt mit
zu den Besichtigungen der Objekte, er organisiert unseren Umzug aufs
Land. Der Effekt für ihn: da sind wir abgeschirmt, werden nicht abgelenkt
- er hat uns besser unter Kontrolle. Mit seiner ruhigen Art wirkt er
teilweise einlullend – und weiß ganz genau, wo er sein Gegenüber
hin haben will. Immer an seiner Seite seine Muse Gille Lettmann,
anfangs noch im Hintergrund, im Laufe der Zeit immer mehr Einfluss
nehmend auf ihn und das Umfeld. Als Textildesignerin bringt sie uns
sogar fast dazu, von ihr entworfene und genähte Pailletten-Jacken auf der Bühne
zu tragen: als ich Bernd ansehe, überschlage ich mich fast vor Lachen – wir
ziehen uns vor dem Auftritt schnell wieder um...
einen
Weg ist RUK zusammen mit seiner
Partnerin konsequent weiter gegangen: abgehoben mit Timothy
Leary und anderen Ko(s)mischen Kurieren, mit ganz viel von seinem
sagenumwobenen "Kaisers Kaffee" und mit der einen oder anderen Dosis
zu viel - und irgendwann
dann ohne
jeglichen Bezug mehr zur
Realität.
Er hatte Visionen - aber kaum jemand
konnte oder wollte ihm am Ende noch folgen. Er wurde zum "kosmischen
Kurier", lebte bald nur noch im Aufnahme-Studio und produzierte
"kosmische Musik" oder war in der Schweiz und traf sich dort mit Leary und anderen Esoterikern. Unser Kontakt zu ihm brach nach der
Abmischung der LIVE-Do-LP mehr und mehr ab, auch weil wir diesen
seinen "Kaiserweg" nicht mitgehen wollten und konnten. Wir beendeten unsere „Reise in eine andere Wirklichkeit“ und
traten den Rückweg an: Bernhard ging zunächst nach Berlin, reiste dann um die Welt und
blieb
schließlich in Italien hängen - und mich zog es zurück in die Heimat
nach Essen.
Von
seiner Vermieterin, die mich 2007 kontaktierte, erfuhr ich, dass Kaiser
verarmt, (fast) vergessen und unter Verfolgungswahn leidend
als
"Mr. Null" zusammen mit seiner "Muse" Gille Lettmann, dem "Sternenmädchen", in
seiner ureigenen kosmischen Welt irgendwo in einer Mietwohnung
in der Nähe einer großen deutschen Brauerei am Möhnesee lebte. Aber auch da
musste er weichen (weltliche Vermieter wollen nun mal echte € sehen), und
hauste eine Zeit lang in einer Klosterzelle (war da nicht mal was mit einem
Mönch?...) ...Und: er lebt (Stand
11.2019) immer noch - auch wenn das viele nicht glauben wollen. Da ward er gesehen als seniler "Herr Cristallis" in
Begleitung einer
verrückten alten Dame. Dass RUK und seine Muse ausgeflippt sind - naja, da
sind sie nicht die Ersten und Einzigen aus dieser teilweise irren und wahnsinnigen Musik-Szene. Kaiser
hat tolle Sachen geformt, performt und durchgezogen. Für uns war er
nicht nur Produzent - er war Mentor, Motivator, Manager, Künstlerbetreuer,
Pressemann: alles in Einem. Und er war - zumindest aus meiner Zeit kann
ich das sagen - immer fair.
Viele seiner Musiker von damals schimpfen heute auf ihn - sind sauer,
fühlten sich betrogen und ausgebeutet und haben gegen ihn prozessiert. Okay - wir hatten alle
keine Super-Verträge. Aber wer hätte uns und vielen anderen damals überhaupt
einen Plattenvertrag gegeben. Eine große Zahl "seiner" Bands (da schließe ich W&W mit
ein) wären doch aus ihrem lokalen Umfeld gar nicht raus gekommen, wäre
RUK nicht gewesen. In seinem Windschatten sind viele Gruppen erst
hochgespült worden - all das sollte bei einer Bewertung nicht
unterschlagen werden. Zudem kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass ich
später von anderen Seiten wirklich professionell beschissen worden
bin.
In den 70ern taucht als Überbegriff für die (teils experimentelle) westdeutsche Rockmusik der
damaligen Zeit in England der Name Krautrock auf (Kraut als Synonym für die
sauerkrautigen Deutschen), der auch über W&W gestülpt
wurde, aber eigentlich nicht passt. Zitat Bernd: "wir haben
absolut keinen Krautrock gespielt, eher Krautfolk und später Cosmic Krautfolk oder so was": und mit dieser
Aussage bekommt der Begriff
"Kraut" auch wieder eine sachgemäße und
stimmige Bedeutung.
iese rockige "Kraut"-Zeit wird
seit Beginn der 2000 Jahre endlich detailliert aufgearbeitet - im Ausland ist das schon viel früher geschehen. Die beteiligten Musiker und Gruppen
jener Zeit finden nun auch in Germanien die Beachtung, welche sie verdienen: in Büchern (Liederbuch Ruhr, Menschen und
Projekte in Essen, Zappa Zoff und Zwischentöne, Aufgewachsen in Essen,
Folk und Liedermacher an Rhein und Ruhr, Rocklexikon Deutschland, der Klang der
Revolte, Alles so schön bunt hier, Krautrock...), in Sondereditionen (z.B.
beim German Rock e.V.) in div. Radiosendungen und im deutschen
Fernsehen (Kraut & Rüben, Roboter essen kein Sauerkraut, Kopfüber in die 60er, Schwarzes Gold - Musik im Ruhrgebiet...),
auf diversen Samplern - und auch im Rocknpopmuseum in Gronau
sind die deutschen Gruppen der 70er zu finden..
Dabei
wurde die Rolle von RUK zunächst oftmals unterschlagen oder
falsch ausgelegt. Erst in letzter Zeit - vor allem seit seinem 75 Geburtstag im Jahre
2018 - erscheinen mehr und mehr gut recherchierte und sachgerechte Bewertungen seiner Tätigkeiten - ob als Publizist oder
als Produzent - in Presse, Büchern und TV-Berichten : vielleicht auch irgendwann
mal eine
ehrliche Würdigung des
"Menschen Kaiser"?.
ilde Jahre waren das. Ich habe sie Gott sei Dank unbeschadet
überstanden. Ich
habe mich in dieser Zeit ausgetobt, habe
Neuland betreten und existenzielle Erfahrungen mitnehmen können. Meiner Mutter
wurde damals - wie schon gesagt - von Freunden und Bekannten nahe gelegt, sie solle sich von
mir lossagen: "so ein Kind hat euch nicht verdient!"... Gut - meine Familie hat zwar
manches nicht so ganz verstanden, was ich da teilweise produzierte – ich war sowas wie das
"graue Schaf" des Westrupp-Clans - aber erhat
sich dennoch interessiert und mich nie fallen lassen. Meine Schwester fand
alles gut, was ich so anstellte: "Lass den mal machen: der geht
seinen Weg!" Die lebte aber auch weit weg vom Schuß in Uruguay.
Meinen Eltern
bin ich heute noch dankbar:
moralische und
ethische Werte sind mir vorgelebt worden, die habe ich quasi mit der
Muttermilch eingesogen und die konnte ich – egal wo ich war und was ich
durchlebte – nicht ablegen. Bestimmte Grenzen habe ich nie überschreiten
wollen und können.
Ich blieb bodenständig, hatte immer ein „zuhause“, wohin ich mich zurückziehen, wo ich mich wieder sammeln, wo ich lesen,
Musik hören, malen, wo ich reflektierend „ich selbst“ sein konnte - für
mein inneres Gleichgewicht ungeheuer wichtig. Einige „gute“ Jungs verloren sich, flippten
aus, bekamen den Spagat zwischen den „Welten“ nicht mehr hin. Das war
letztendlich auch das Ende von W&W: wir bewegten uns in einem elitären
Kreis, und sehr viele unserer Freunde und Fans verstanden nicht mehr,was wir eigentlich (aus)sagen wollten. Existenzielle Erfahrungen
erlebst Du nur für Dich selbst, die kannst du nicht weitergeben. Du kannst
davon erzählen, aber wer sie selber nicht verinnerlicht hat, wird und kann dich
nicht verstehen.
Es war eine tolle Zeit, die
mir unendlich viel gegeben hat durch Begegnungen mit
Menschen, mit Idealen, mit Visionen. Wenn sich auch einiges im Laufe der
Jahrzehnte abgeschliffen hat – diese Zeit ist immer in mir: ich möchte
keine Sekunde davon missen. Manche Ziele habe
ich im Laufe der Zeit neu gesteckt, erweitert, andere suche ich immer
noch... Hab´ keine Kumpel beschissen (nur den Vermieter in der
Viehofer, die Miete habe ich aber mit Zins und Zinseszins später
abgestottert), hab´ mich nie verbogen, nie verbiegen lassen, hab´ niemanden über den Tisch
gezogen oder gemobbt, bin nie jemandem in den Rücken gefallen und kann
daher auch heute in den Spiegel gucken, ohne kotzen zu müssen.
Ich bin damals
von Krankheiten verschont geblieben, war in keine schweren Unfälle
verwickelt, bin nie verhaftet worden, nicht an falsche Freunde geraten,
habe die richtigen Ausfahrten genommen: ich hatte verdammt viel Glück - und das
nicht nur in jenen Tagen. Als ich diese meine Einschätzung Ende der 90er nach
einem "schweren" Seminartag in
Berlin abends - zum Wiederrunterkommen - ohne 3G-Nachweis und Mundschutz und
Abstand im Szeneclub "Lucky Strike" unter den Schienen
der Stadtbahn rauchend bei
Bier, Schnäpschen und Livemusik (waren das noch Zeiten) bei einem
langen Gespräch einem
meiner Mitarbeiter (Filmstudent) kund tue, entgegnet dieser: "Mit dem
Glück ist das so eine Sache: Glück wird man nicht haben, wenn man in einer
Ecke sitzt und nach dem Glück schreit. Eigentlich findest nicht Du das Glück, sondern es findet
Dich - und wenn es an die Türe klopft, dann mußt Du bereit sein."
Tja, da war ich wohl zur richtigen Zeit an den richtigen Orten.
An die
schönen Momente dieses Lebensabschnittes erinnere ich mich gerne, die
schlechten - sollte es welche gegeben haben - habe ich glücklicherweise schnell
wieder vergessen...
1973 mit Hunrück-Hund Rudi in
meinem Boutique-Domizil
DABBELJU in der Gutenbergstraße in Essen
ährend
meiner Sturm- und Drangzeit
hatte ich nur einen kleinen Rucksack zu
tragen, war nur mir selbst Rechenschaft schuldig: ich konnte tun
und lassen, was ich wollte, brauchte auf niemanden Rücksicht zu nehmen.
Mit dem Ende der W&W-Zeit 1973 ändert sich nach und nach mein Umfeld: Frau, Familie, Kind,
Tiere - und
damit verbunden wirtschaftliche Zwänge - der Beruf kommt dazu, diese
(alltägliche) Müh(l)e: mein Rucksack wird voller und schwerer...
30 Jahre später
- im Alter von genau 571/2 - ziehe ich die Konsequenz aus meiner tiefen Abneigung gegen
so ein lohnabhängiges Beschäftigungsverhältnis. Im Laufe der Jahre
war in mir die Erkenntnis
gereift, genug malocht zu haben: ich hatte relativ spät mit dieser Art
von Sklavenarbeit begonnen, also könnte ich doch eigentlich (quasi
zum Ausgleich) auch früher damit wieder aufhören. Gesagt - getan: an einem sonnigen Morgen im September 2003
verabschiede ich mich freudig erregt von meinen Mitarbeiterm,
packe
meine 7 Sachen, begebe mich frohen Mutes in den "Vorunruhestand" und
ernenne mich zum Frührentner. "Hab einen Sohn gezeugt, ein
Haus gebaut, einen Baum gepflanzt - es reicht: Freiheit ich komme!".
Und
so beginnt ein neuer
wunderbar unbeschwerter Lebensabschnitt ohne
berufliche und finanzielle Abhängigkeiten gemeinsam mit Familie,
Freunden und Tieren. Hobbies wie Computer, Fotografie, Kino, Konzerte, Flipper,
Darts, Boule warten auf mich - Haus und Garten wollen gepflegt, Bücher gelesen,
Musik gehört, Feten gefeiert, diese Geschichten geschrieben werden. Was irgendwann unvollendet auf der Strecke
geblieben ist, wird jetzt hervorgekramt und kann endlich verwirklicht und abgeschlossen
werden. Und die Musik, egal ob mit der
Walter h.c. Meier Pumpe
(über 30 Jahre), mit den Masters of Ukulele, dem Dabbelju-Jugband
- Projekt oder
auch als 1 Mann Skiffel Kapelle: Musik war und ist immer da und nach wie vor ein ganz wichtiger Teil meines
Lebens, das ich hoffentlich noch einige Jährchen gesund und munter
geniessen kann..
P.S. Was wohl am Alter liegen muß: seit ich "Rentner" bin, habe ich
viel weniger Zeit als vormals (?!). Komisch.
as
musikalische Wirken von Witthüser & Westrupp bleibt für die Entwicklung der Essener
Musik-Szene nicht ohne Wirkung: wir kamen beide aus der Skiffle- und Beat-Zeit,
und in und aus und neben unserem "Dunst'"-Kreis entwickelte sich Neues, wie
der Liedermacher und unser Freund Frank Baier (Bild links), der unseren musikalischen Werdegang von
Beginn an hautnah miterlebt und verfolgt hat, in dem Buch "Folk- und Liedermacher an Rhein und Ruhr
- Musikland NRW" anhand
eines Essener Szene-Netzes anschaulich aufgezeichnet hat:
DANACH...
...holt
mich immer wieder diese W&W-Zeit ein:
1981 meldet sich ein Bernhard Mikulski telefonisch und bittet um einen Termin, da er etwas mit mir zu
besprechen habe. Er taucht mit seiner Frau Christa in einem dicken amerikanischen Schlitten bei mir auf und erklärt, dass
er die W&W-LPs neu auflegen will. Er besitzt einen Plattenvertrieb
und hat seinen Außendienstmitarbeitern aufgetragen,
gezielt nach Musik zu fragen, die in den Plattenläden nicht zu
bekommen ist. So stößt er auf die Ohr- und Pilz-Produktionen und auf W&W. Rechtliche Fragen bräuchten mich
nicht zu interessieren – das würde er alles regeln und evtl.
Forderungen der Altherausgeber (die eben seit Jahren eine immer noch bestehende
Nachfrage nicht befriedigen wollten) selbst übernehmen. Eine Zusage von
Bernhard Witthüser habe er schon – und meine bekommt er natürlich auch.
Unsere Lieder – fast im Original-Look - tauchen tatsächlich bald wieder im
einschlägigen Fachhandel auf und werden dankend gekauft, während im Hintergrund ein langer
Rechtsstreit tobt, der mich aber nicht weiter tangiert. In den nächsten
Jahren verkauft ZYX, die Pattenfirma der Ms, weit über 100.000 W&W-LPs - wer hätte sich das
in seinen kühnsten Träumen bei
der Erstauflage ausmalen können. Aufgrund dieser erfolgreichen
Neuauflagen kommt bei Mikulskis der Wunsch auf, dass wir noch einmal ins
Studio gehen und eine neue Platte einspielen - und danach dann
vielleicht auch noch ein paar ausgewählte Konzertchen zum Besten geben. Das sehe ich
jedoch als nicht realisierbar an - dafür sind die Lebenswege von uns
W&Ws im Laufe der Jahre zu sehr auseinander gedriftet. Wir hatten unsere Musik
gelebt, erfüllt mit gemeinsamen Erlebnissen und Erfahrungen. Jetzt
etwas Neues schaffen ohne einen gemeinsamen Backround, ohne Praxis, ohne
Vertrautheit: das wäre etwas ganz anderes geworden - und die alten
Lieder einfach nachspielen, das kam nicht in Frage: anhören jederzeit
ja,
auffführen nein. Diese Revival- Idee wird immer
mal wieder auf den Tisch gelegt - und jedesmal abgeschmettert. Dennoch: Bernhard Mikulski,
seiner Frau Christa und ihrer Fa. ZYX-Records ist es zu verdanken, dass es
die W&W–Musik weiterhin gibt –mittlerweile auf CD und in den Streaming-Portalen, aber auch
noch - oder wieder - auf Vinyl: dafür an dieser Stelle (an B.
posthum) ein dickes Dankeschön.
Ein Novum: 1981 habe ich einen der ersten Songs von W&W
überarbeitet und ihn mit meiner Skiffle- & Jugband Walter h.c. Meier Pumpe auf ihrer
M.I.S.T.- Produktion (Meiers International Show Time) unter dem Pseudonym "MANNY B." als
"Die Legende vom Taubertal" eingespielt. Es ist nur einmal
vorgekommen, dass ich einen alten W&W-Titel
umgearbeitet habe, aber er schrie geradezu danach. Erzählt wird darin die
dramatische, tragische und (un)moralistische Geschichte von der "Erfindung des
Dietrichs" (Originaltitel). Der gar
wunderbare Text stammt von Baltus Brösel, und in dieser Version
lassen wir es so richtig krachen:
Das Original
von der W&W-Live *68-*73 Produktion kommt da eher ruhig rüber:
Mitte der 1980er schenkt mir meine Gattin († 2022) eine "Reise in die
Vergangenheit" nach Dill und wir verbringen ein wunderschönes
Wochenende bei Familie Plath
1989 gibt es noch mal ein unverhofftes Wiedersehen mit Werner "Bauer"
Plath, der
anlässlich meiner 1. Bilderausstellung in Essen - als Ehrengast von Doc
Remy eingeladen - überraschend auftaucht und mit seiner Zigarre und
seinem Schwiegersohn das i-Tüpfelchen bei diesem Event darstellt.
Im Februar 2003 - als Geburtstagsgeschenk
zu meinem 57. - schenkt mir mein Freund
„Mr. Ruhrgebiet" Frank Baier, der am selben Tag wie ich Geburtstag
hat,
ein Wiedersehen mit Bernd. In Duisburg auf Franks großer 60-Jahre-Geburtstagsfeier
treffen Bernd
und ich uns
zu unser beider Überraschung nach ca. 15 Jahren wieder: ich hab ihn fast nicht wieder erkannt,
so gut sieht er aus. Und - wer hätte das je für möglich gehalten -
musizieren wir nach über 30 Jahren wieder zusammen: zwar keine W&W-Titel, aber einige alte
Skiffle-Songs geben wir mit Ukulelen und Mandoline zum Besten. Wir haben viel
Spaß, das Publikum erst recht, schwelgen in Erinnerungen und stellen übereinstimmend fest: HURRA, wir leben
noch.
So ist das
zum Glück mit Totgesagten, wenn sie wieder auftauchen: sie leben. Denn
irgendwo und -wann ist einmal ein Gerücht aufgekommen, dass Bernd gestorben
sei.
Glücklicherweise stellt es sich als unrichtig heraus und ist auf eine Verwechselung zurückzuführen: gestorben
war Bernhard
Mikulski und nicht Bernhard Witthüser). Das mit Bernhard M. tut uns beiden leid, das mit Bernhard W. tut gut.
2004
tauchen (wie im TEHOMA-Kapitel ausführlich beschrieben) alte Filmaufnahmen
aus der Versenkung auf, zudem bekomme ich weiteres Filmmaterial mit W&W-Aufnahmen
auf Video-Kassetten zugeschickt - die Idee zu einer DVD reift in mir und ich mache mich
daher zum Filmproduzenten (na ja?!). Ich rüste meinen Rechner auf - und Ende des
Jahres dreht sich diese silberne Ding im DVD-Player...
Im März 2010 anlässlich einer Dichterlesung in der Stadtbibliothek
Essen im Gildehof-Center geschieht Ungewöhnliches: ich spiele zum
ersten und einzigen Mal ohne Bernd öffentlich Titel aus dem W&W-Repertoire.
Auf ausdrücklichen Wunsch des Autors Walter Wandtke und
begleitet von dem Essener Gitarristen Heribert Horstig intoniere
ich die Lieder Lass uns auf die Reise gehn und Wenn ich ein
wenig fröhlicher wär sowie den unveröffentlichten Titel Billy
von nebenan. Das klang zwar nicht schlecht, aber es war nicht
das, was es mal war - und das war auch gut so und wird nie wieder
vorkommen!.
Am
07. August 2017 erreicht mich dann die niederschmetternde Nachricht, das Bernd am
04.08.17 in Italien im Alter von 73 Jahren gestorben ist - und diesmal
ist es kein Gerücht. SCHEISSE.
Am Donnerstag den 28.09.17 findet in der Apostelkirche zu Essen "in
memoriam Bernd Witthüser" statt.
Alte Weggefährten, FreundInnen und
Musikerkollegen erinnern mit Beiträgen, Fotos, Musik
und in Gesprächen an
einen der Ihren, der schon mal vorgegangen ist.
Im Jahr des Herrn
2018 erscheint bei Sireena Records Hamburg ein digital
remasterter Live-Mitschnitt von der Generalprobe unserer Jesus-Oper aus
dem Jahre 1971, heimlich still und leise ohne unser Wissen aufgenommen im Jugendzentrum Essen. Ich
habe irgendwann
von irgendwoher eine Cassette mit einigen Titeln dieser Piratenaktion bekommen,
habe
sie digitalisiert, ins Archiv gelegt - und dort lagen diese Aufnahmen
jahrelang unbeachtet rum. 2017 finde ich sie bei Aufräumarbeiten wieder und
schicke eine
CD an Bernd. Wir denken über eine Veröffentlichung nach und nehmen
Kontakt zu Tom Redecker von Sireena Records auf, der großes Interesse
zeigt und das
ganze Projekt dann auch in trockene Tücher packt und veröffentlicht. Leider
erlebt Bernd
all das nicht mehr mit.
2020 jährt sich das legendäre LOVE &
PEACE-Festival auf der Ostseeinsel Fehmarn zum 50. Mal, und da ich
tatsächlich noch unter den Lebenden weile, kann ich zumindest eine
persönliche Grußbotschaft an die Veranstalter des 50-Jahre-Jimi-Hendrix Gedenkevents übermitteln - persönliches
Erscheinen ist mir als besonders gefährdeter Person in der
Coronapandemie zu risikoreich - dabei hätte ich gern mit ein paar Zeitgenossen
von früher gequatscht und einen Zug genommen.
2024 - nach langanhaltenden Geburtswehen - ist es nun erschienen: Texte
von Bernd in einem Buch mit dem Titel "HAT HENDRIX GESPIELT ?".
In diesen Aufzeichnungen erzählt Bernd von seinen Touren, Erlebnissen,
Auftritten und Abenteuern auf seine bekannt skurrile Weise: ko(s)mische
Krautfolk-Musikgeschichte...
uf
meiner 50-Jahre-Musiker-Jubiläums-Tour, die ich nun schon seit über
25 Jahren durchziehe,
habe ich sehr viele nette Menschen getroffen und kennen gelernt, die mit
den Original-W&W-LPs, mit Original-W&W-CDs und sogar der W&W-DVD zu den Konzerten
kommen, um diese signieren zu lassen: vergessen sind W&W nicht.
Autogrammwünsche flattern immer wieder rein, andere fragen oder suchen
nach vergriffenen W&W-Collections und anderen
"Raritäten". Echte "Hardcorde-Fans" berichten von
ihren kompletten Sammlungen sämtlicher veröffentlichter Tonträger
(LPs und CDs, Singles, Sampler, DVDs) von Bernd und von mir, ob als
W&W, in anderen Besetzungen oder auch alleine (Otto & Bärnelli,
Witthüser, Walter h.c. Meier Pumpe, BaierWestrupp, Dabbelju Jugband):
sagenhaft -
mehr als ich selber besitze. Ihr erzählt von Folk Festivals (Ingeheim,
Herzberg), wo abends am Feuer, wenn der Joint kreist, der Rat der Motten
und andere W&W-Songs erklingen.
Und wenn
em@ils herein schneien (einige sind hier zusammengetragen )
mit euren Geschichten, Erlebnissen, Begegnungen, Erfahrungen, mit Fragen nach Noten und Songtexten - und das
von teils jungen
Menschen - dann merke ich: es besteht auch heute noch Interesse
an unserer scheinbar zeitlosen Musik und diesen alten Geschichten. Weitergehende Infos über W&W findet
ihr auf unseren websites, bei wikipedia, Videos bei YOUTUBE - und in facebook
gibt es eine Witthüser & Westrupp-Gruppe: googelt
Euch durch...
Ich
habe auf
diesen Seiten
über meine Sturm- und Drangzeit natürlich auch die Ära mit Bernd
eingearbeitet - aus meiner subjektiven Sicht . In
Italien ist es Serena Gallela, die an einem Filmprojekt über "Barnelli" arbeitet, das
neben diesem relativ kurzen W&W- Abschnitt seines musikalischen Schaffens
in erster Linie die über 40 Jahre währende Italien-Karriere von Bernd zum Thema
haben soll (einen Trailer zu diesem Projekt findest Du unter dem Bild -
klick it).