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WERDEGANG BIS DATO - PERSÖNLICHE VORGESCHICHTE
Im Nachhinein glaube ich, dass meine Mutter öfter in "meiner" Schule war als ich selbst! Ihrem Einsatz ist es zu verdanken, dass mir letztendlich eine zumindest "mittlere Reife" zugestanden wurde. |
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Als
Beweis links ein Bild des Original - wunderbar..
Dieser Brief sieht aus wie ein Führerschein, war bzw. ist zu nix nutze - zumindest nicht für mich. Er taugte allemal als Beweismittel: ich konnte damit eine abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen - und hatte somit die Vorgaben meiner Eltern erfüllt... |
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Nun waren nach damals üblichem Lebensablaufplan folgende Schritte angesagt:
Die meisten der Jungs aus meinem damaligen Umfeld (Schule, Lehre, Freundeskreis, Band) versuchten, diesen Erwartungen zu entsprechen und dem ihnen vorgegebenen Weg zu folgen - ein Abweichen wäre ja gegen die Norm und das familiäre Um(n)feld und damit quasi ein Angriff auf das Establishment gewesen, Diskussionen wurden nicht akzeptiert. Viele
zogen
ihr Leben zumindest bis Pt. 4 durch (Heirat und zusammenziehen, bei
einigen kam das Kind schon vor einer Hochzeit, geheiratet werden musste
dann auf jeden Fall, ob man wollte oder nicht), manche freuten sich auch
über Pt.5, hingen evtl. eine Zeit lang
bei Punkt 6 (Soll das jetzt etwa schon alles gewesen sein?) oder
übersprangen die 6 und
vollenden diese ihre "Karriere" mit Pt.
7 und sortierten sich neu ein - letztendlich kam kaum einer "unversehrt"
durch.
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PRIVATE SITUATION 68 |
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Ich meide fortan das Podium - was ja für mehr als 1 Jahr mein Zuhause geworden ist - sehe meine Freunde nicht mehr, ziehe mich total zurück. Für kurze Zeit quartiere ich mich wieder in mein altes Jugendzimmer bei meinen Eltern ein, merke aber schnell, dass dieser Zustand keine Dauerlösung sein kann. | |||||
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Auch hier in der Heimat werden Discjockeys gesucht und gebraucht, und so arbeite ich in verschieden Diskotheken (Kaleidoskop, Pferdestall, Black Horse), lege Platten auf und unterhalte das Publikum mit Witzen, Sprüchen und Spielen, hab frei Trinken & Essen und verdiene mir DMchen.
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Wir wollen - zunächst mal für uns selber - Farbe in unser Leben bringen, inspiriert durch das, was wir im Fernsehen sehen, was wir in der sogenannten "Underground"-Presse lesen und was durch die Musik zu uns schallt: Flower Power. Wir hören Musik von Jefferson Airplane, Grateful Dead, Big Brother & the Holding Company, Frank Zappa, Quicksilver Messenger, Country Joe & the Fish etc... | |||||
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In
Erinnerung sind mir noch seinerzeit gerne ge- und benutzte Sprüche wie Und mittendrin: WIR:
Forscher, Astronauten, Piraten, Weltenbummler in unerforschtem, fast
jungfräulichem Umfeld. Alles war neu und aufregend, Freiräume wollten
gesucht und ausgefüllt werden - und das haben wir angepackt und
durchgezogen. Die Freiheit
des Handelns war uns damals glücklicherweise durch
eine demokratische Gesellschaftsordnung möglich: der Mensch ist frei, wenn er eine Wahl treffen kann.
Wir nutzen dies, wir waren jung und hatten nichts zu verlieren. Mit einem gefüllten Rucksack auf dem
Rücken wäre unser Weg schwerlich zu gehen gewesen. |
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Ein wahres Pfund für eine Karriere bei der Bundeswehr ist meine Lunge (groß geworden durch die Blasmusik) sowie meine skiffleerprobte wunderbare Stimme: ich brülle beim Stubenappell (als Stubenältester bin ich per Gesetz dazu verpflichtet) so laut meine Meldung, dass die ganze Kaserne stramm steht. Des weiteren kommt mir meine Körpergröße (oder -kleine) zugute: mit 164 cm bin ich sowohl in der Gruppe, im Zug als auch in der Kompanie der Kleinste, somit überall der Letzte (nicht das...) und darf daher dann "Lied durch" brüllen, wenn "Gesang" angesagt ist (die gedient haben, wissen Bescheid). Es dauert nicht lange, und jeder in der Kaserne kennt mich und meine Stimme - sogar der Kommandeur...
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IEST - INTERNATIONALE ESSENER SONGTAGE 1968 |
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Beim Anblick der Grugahalle überrollt es mich dann endgültig: junge Menschen soweit das Auge reichte, bunt, fröhlich, offen und locker - wobei auch revolutionäre Töne nicht zu überhören sind. Fernsehstationen haben ihre Aufnahmewagen aufgebaut, der Rundfunk ist natürlich auch am Start und Fotografen sind vor Ort: Motive sind ja zu Genüge vorhanden. | |||||
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Ich habe 1965 die Rolling Stones in dieser Halle erlebt, aber das hier kommt mir schon allein von den Menschen her ein paar Nummern größer vor – und irgendwie total anders. Ich sehe vereinzelte Polizisten, die sich aber mehr im Hintergrund halten - nicht, dass ich mich unwohl gefühlt hätte, aber es sind so viele (teils fremde) Eindrücke, ein anderes, unbekanntes Flair, eine noch nicht erlebte Aura: ich schwimme einfach mit, lasse mich treiben, hin und her gerissen von den Aktionen, die überall und ununterbrochen abgehen. | |||||
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Im Foyer
sieht es aus wie auf einer Messeveranstaltung
für Hippies und Undergroundler mit einem Riesenangebot an Dingen, wie
ich sie in dieser Art und Masse noch nicht gesehen habe: Stände mit
Postern, T-Shirts,
Stirnbänder, Zeitschriften, Bücher,
Platten, Wasserpfeifen und Chillums, Ketten und Schmuck...
Ich habe später einen Text geschrieben, der genau dieses Gefühl beschreibt und eigentlich seit den Songtagen in mir nachhallt: "... und ich erkenne mich, und ich erkenne meinen Sinn: ich komm, ich geh, ich war und ich bin".
Nur: bevor ich diesen Weg beschreiten und das Gesehene und Erlebte mit Leben erfüllen kann, muss ich zunächst diesen Wehrdienst zu Ende bringen.
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68er nach Noten -
Kapitel 2: 1968
© 2019 neu zusammengestellt by Walter Westrupp
letztmalig bearbeitet im Jänner 2022